Montag, 9. Juli 2007


Stiehlt Israel das Wasser der Palästinenser?



Achtung: Das Lesen dieses Beitrages dauert 20 Minuten!


Um diesen Vorwurf, der gerne mal aus der Hüfte geschossen wird zu erörtern, bedarf es der Erweiterung der Fragestellung um zwei Themen. Wie entwickelte sich das Mandatsgebiet und später Israel, aus administrativ technischer Sicht und inwiefern wirken sich die rechtlichen Fragen, welche im Zuge der Einrichtung des Mandatsgebietes verhandelt wurden heute auf die Ansprüche auf das Wasservorkommen und dessen Verteilung aus?

Ein wichtiges Datum für die Völkerrechtliche Beurteilung ist der 24. April 1920. An diesem Tag wurde in San Remo ein Vertrag zur Auflösung des Osmanischen Reiches geschlossen. Unterzeichner waren die Entente Mächte des ersten Weltkrieges und deren besiegter Feind, das Osmanische Reich, im Vertrag nunmehr Türkei genannt.

Die Alliierten hatten 1917 das Gebiet, auf dem sich heute Syrien, Libanon, Irak, Jordanien und Israel befinden erobert und zunächst eine gemeinsamen Militärverwaltung, die „Occupied Enemy Territory Administration“, kurz OETA eingerichtet.

Bis man soweit gekommen war, bedurfte es von Seiten Großbritanniens einer intensiven Zusammenarbeit mit dem Hashemitischen König Hussein und den Wahabiten im heutigen Saudi Arabien. Während des ersten Weltkrieges mussten diverse Interessen berücksichtig werden.

Die Regelung der politischen Zukunft des Mittleren Ostens war schließlich ein Bestandteil jenes Vertrages von San Remo und des wenige Monate später am 10. August 1920 abgeschlossenen Vertrages von Sévres (Pariser Vorortverträge). Die Verträge legten die Aufteilung des seit 1520 zum Osmanischen Reich gehörenden Gebietes fest und waren mithin Dokumente einer echten Zeitenwende.

So wie Europa nach dem ersten Weltkrieg eine Neuordnung erfuhr, gliederte sich der Mittlere Osten unter dem Einfluss vieler Interessen neu. Nach kurzer Zeit entstanden Iraq, Syrien, Transjordanien, Saudi-Arabien und Palästina. Die kleinen Monarchien entlang des Golfes, die heute neben Saudi Arabien den Gulf Cooperation Council (GCC) bilden, entstanden erst Ende der sechziger Jahre.

Die Landesgrenzen zwischen Syrien, Transjordanien und Palästina wurden nur mehr oder weniger genau definiert, wobei man einen exakten Verlauf den weiteren Verfügungen der lokalen Alliierten Vertreter vorbehielt.

Bezüglich Palästinas wurde im Vertrag von San Remo eine deutliche Festlegung getroffen. Großbritannien, das Jordanien und Palästina als Mandatsgebiete erhielt, hatte den eindeutigen Auftrag, bzw. mehr als das, „die Verantwortung“ für „die Umsetzung der Deklaration der Britischen Regierung vom zweiten November 1917“, besser bekannt als Belfour Deklaration. Wörtlich heißt es dort, dass eine nationale Heimstätte für die Juden etabliert werden sollte.

Die Bedingung hierfür war, dass die zivilrechtlichen und religiösen Belange der „nicht Jüdischen Gemeinschaften“ - eine andere politisch-kulturelle Formulierung für die moslemische Bevölkerung mochte man nicht wählen - aber auch jene der Juden in jedem anderen Land, anerkannt würden.

Mit anderen Worten, neben den Arabisch moslemischen Staaten Syrien und Transjordanien, wurde 1920 die Gründung eines jüdischen Staates geplant, in dem Nicht-Juden nur Minderheitenrechte bekommen sollten.

Vorausschauend kündigten die Siegermächte in San Remo die Ernennung einer Kommission an, welche alle Fragen und Ansprüche der verschiedenen religiösen Gemeinschaften ermitteln und regeln sollte. Ihr Vorsitzender sollte vom Völkerbund bestimmt werden.

Nach 400 Jahren Osmanischer Herrschaft zeitigten die Verträge neu Fakten. Nachdem das Mandat 1922 schließlich durch den Völkerbund bestätigt worden war, wurden alle Einwohner des Mandatsgebietes, Juden, Moslems und die wenigen Christen, Bürger Palästinas.

-------------------------------------------------------------------

Die jüdische Bevölkerung, der Yishuv, machte sich tatkräftig und beflügelt durch ihre zionistischen Ideale, an den Aufbau des Landes. Immer mehr Einwanderer aus Europa ergänzten die 83.800 Juden (1922) des Mandatsgebietes , so dass zehn Jahre später schon 304.000 Juden (1934) neben 1,2 Millionen Arabern lebten. In dem anderen Teil, des ursprünglich größer geplanten Mandatsgebietes Palästina, der inzwischen Transjordanien (heute Jordanien) hieß, lebten in den zwanziger Jahren nur 400.000 Menschen.

Gemäß den Bestimmungen des Mandates, gründeten die Juden 1929 die Jewish Agency als Interessenvertretung, bzw. als Öffentliche Körperschaft. Die Organisation war Verwaltungs-, Einwanderungs- und Entwicklungsbehörde zugleich.

Von Anfang an, repräsentierten die Einwanderer den jeweiligen Stand von Wissenschaft, Technik, Finanz- und Militärwesen. Im Wettbewerb mit den Arabischen Nachbarn hatten die Juden den entscheidenden Vorteil, auf den technischen Fortschritt Europas zurückgreifen zu können, während sich die Araber in Stammesstrukturen organisierten und bis weit nach dem zweiten Weltkrieg zivilisatorisch hoffnungslos unterlegen waren.

1924 wurde das Technion, die bis heute führende Technische Hochschule gegründet, das Weizmann Institut folgte 1934. Damit verfügte das Land über die notwendigen Technischen Forschungseinrichtungen. Zum Aufbau der allgemeinen Infrastruktur bedurfte es aber zweier wesentlicher Voraussetzungen. Nämlich der Wasser- und Stromversorgung.

---------------------------------------------------------------------

Elektrisches Licht war zum ersten Mal 1890 in der Weinkelterei Rishon Lezion eingesetzt worden. Der Technik begeisterte Baron Edmond de Rothschild (1845-1934) hatte Batterien zur Lichtversorgung einbauen lassen.

Ein umfassendes Konzept zum Aufbau der Stromversorgung entwickelte der in Romni (Ukraine) geborene Ingenieur Pinchas Rutenberg (1879-1942). Mit Unterstützung der Jewish Agency und privatem Kapital erhielt er eine Konzession der Mandatsverwaltung zur Stromerzeugung. Seine Idee war es Wasserkraftwerke zu bauen. 1921 plante er das erste kleine Kraftwerk am Yarkon bei Tel Aviv, das aber nicht in Betrieb ging, drei mit Dieselmotoren ausgestattete Anlagen gebaut wurden. Dir erste wurde 1923 in Tel Aviv in Betrieb genommen.

Im selben Jahr wurde in London die Palestine Electric Corporation gegründet und 1927 vereinbarten Rutenberg und Emir Abdallah von Transjordanien mit Wasser des Jordan und des Yarmuk ein Kraftwerk zu bauen. Das Vorhaben schuf während der fünfjährigen Bauzeit 3.000 Arbeitsplätze, die während der Rezession Ende der zwanziger Jahre dringend nötig waren. Der erste Bauabschnitt war ein Damm an der Stelle, an der das Wasser des Jordan in den See Genezareth fließt. Er hieß Degania Damm.

Da die Flüsse in der Region während der Jahreszeiten stark schwankten und die Schüttung sehr unterschiedlich war, musste der Strom entsprechend des aktuellen Bedarfes des Kraftwerkes reguliert werden.

Diesem Bauwerk folgte der Dalhamiya Damm und der dritte Bauabschnitt war ein vierzehn Meter hoher Damm am Yarmuk, welcher einen künstlichen See erzeugte. Aus jedem Damm konnten achthundert Kubikmeter Wasser pro Sekunde dem Naharayim Wasserkraftwerk zugeführt werden. Am 6. Juni 1933 eröffnete Emir Abdullah feierlich die Anlage.

Drei Turbinen erzeugten eine Leistung von 18,6 Megawatt, was mehr als zwei Drittel der gesamtem Stromerzeugung in Palästina entsprach. Die Anlage wurde weiter ausgebaut und schnell folgten Anlagen auf Verdampferbasis, da der Bau weiterer Wasserkraftanlagen in Ermangelung großer Fließgewässer nicht möglich war. 1945 wurden in Palästina bereits 216 Megawatt elektrischen Stroms erzeugt und heute produzieren die Kraftwerke in Israel 8.300 Megawatt. Das Wasserkraftwerk in Naharayim wurde 1948 durch die Arabische Legion (Jordanische Armee) zerstört.

Der aus Deutschland stammende Geologe Leo Picard (1900-1996) begann 1924 mit hydrogeologischen Bodenuntersuchungen. Die Siedlungsschwerpunkte lagen zunächst am Mittelmeer und die Versorgung durch Grundwasser war für den Aufbau der Städte und zur Versorgung der verstreuten Kibbutzim zu Beginn der Mandatszeit von wesentlicher Bedeutung. Modernes Bohrgerät, das durch hartes Gestein bohren konnte, Leitungen aus Metall und Pumpen ermöglichten eine sukzessive Bodenuntersuchung.

Die zu planende Wasserversorgung musste einige logistischen Bedingungen erfüllen. Sehr unterschiedlich Regenfälle füllten in manchen Jahren die natürlichen Wasserspeicher, was in trockenen Jahren durch Pumpanlagen ausgeglichen werden musste. Die Wasserversorgung im Norden des Landes, war gemessen an den natürlichen Vorkommen in der Mitte, oder gar im Süden gut und es musste ein Ausgleich geschaffen werden, wollte man zügig das gesamte Gebiet besiedeln.

Schließlich war vom ersten Tage der Mandatszeit an klar, dass nach wenigen Jahren ein unabhängiger Staat gegründet werden sollte, dessen Ausdehnung wesentlich von einer umfänglichen Besiedlung seines Territoriums abhing. Die Siedlungen legten Geld für Bodenuntersuchungen und Brunnenbau zusammen um wenigstens eine lokal funktionierende Wasserversorgung zu haben. Dann, 1935 wurde ein erster Masterplan für eine landesweite Wasserversorgung entworfen. Wesentlichen Anteil daran hatten Levi Eschkol (1895-1969), der spätere Ministerpräsident und der Ingenieur Simcha Blass (1897-1982). Eschkol war von 1937 bis 1951 Geschäftsführer des Staatlichen Wasserversorgungsunternehmen Mekorot, welches er 1937 mit gegründet hatte.

Zunächst wurde Wasser aus drei Brunnen im westlichen Jezreel Tal mittels metallischer Druckleitungen über weite Strecken zu den landwirtschaftlichen Abnehmern geführt, um für die Bewässerung eingesetzt zu werden. Das geförderte Wasser wurde zunächst in zwei hoch stehende Betontanks gelagert, um einen konstanten Volumenstrom und Druck zur Verfügung zu haben. Gepumpt wurde bei Nacht, um die günstigeren Stromkosten zu nutzen. Diese einfache Verfahren ermöglichte die Versorgung von immer mehr Siedlungen und der Produktion von Lebensmitteln, was dringend notwendig war, da sich der Konflikt um Landnahme und Besiedlung inzwischen erheblich verschärft hatte und die Gegner der zionistischen Politik argumentierten, das Land könne gar nicht mehr Einwandere versorgen.

Simcha Blass plante ab 1939 immer mehr Wasserversorgungsprojekte. Dazu gehörte das erste Äquaduckt im Jordantal, die erste Fernleitung in die Negev Wüste, wofür er metallische Leitungen von der Londoner Feuerwehr beschaffte und er war der Erfinder der heute weltweit eingesetzten Tropfbewässerung.

Das wichtigste Projekt aber war der National Water Carrier, die zentrale Wasserleitung, welche das Land vom Norden bis zum Süden, einschließlich der Negevwüste versorgen sollte. 1944 hatte die Mekorot eine neue umfassende Studie über die Wasserversorgung, die Nutzung von Wasserkraft und die Bewässerung der Landwirtschaft erstellt. Die ersten Arbeiten wurden 1953 begonnen. Da aber das Wasser des oberen Jordans, das dem See Genezareth zufloss, abgeleitet werden sollte, protestierten sowohl Syrien, als auch die Vereinten Nationen gegen das Projekt. Der Plan wurde geändert und 1956 wurde mit der Ausführung der neuen Planung begonnen und die Arbeiten waren 1964 abgeschlossen.

Der National Water Carrier ist ein komplexes Wasserversorgungssystem bestehend aus Betonleitungen mit Nennweiten von bis zu zwei Meter achtzig, Pumpstationen, Kanälen und Zwischenspeichern. Das Wasser aus dem See Genezareth, der sich 220 m unter dem Meeresspiegel befindet wird auf eine Höhe von 150 m über dem Meeresspiegel gepumpt von aus es in die Ballungsgebiete an der Küste und weiter in die Negev Wüste gefördert wird. Seit den bescheidenen Anfängen der Mandatszeit wurden immer mehr ambitionierte Infrastrukturprojekte umgesetzt.

Die PLO leistete einen spektakulären Beitrag im Zusammenhang mit dem National Water Carrier, in dem Sie den ersten Bombenanschlag ihrer Geschichte am 01. Januar 1965 auf das neue Leitungsnetz verübte.

------------------------------------------------------------------

1948 erklärten die Arabischen Nachbarländer und die Moslemischen Bewohner Palästinas dem nunmehr gegründeten Staat Israel den Krieg. Vorausgegangen war ein Beschluss der UNO von 1947, das Land Palästina in ein Arabisches und ein Jüdisches Gebiet aufzuteilen, wodurch die Araber bei weitem besser weggekommen wären. Dieser Krieg, der in zwei Phasen vor und nach der Staatsgründung eingeteilt wird, endete in einer völligen militärischen und politischen Katastrophe der Arabischen Angreifer. Israel hatte nicht nur das ihm im Teilungsbeschluss zuerkannte Gebiet halten können, sondern gewann noch erhebliche Teile hinzu. Am Ende konnten die Araber froh sein, dass sie nicht schon 1948 auch Ost-Jerusalem und das Westjordanland, welches nunmehr zu Jordanien gehörte verloren hatten. Der Gaza Streifen wurde bis 1967 von Ägypten verwaltet.

Nach dem Krieg von 1948 und der Zerstörung des Naharayim Wasserkraftwerkes war die strategische Bedeutung der natürlichen Wasservorkommen am oberen Jordan und des Sees Genezareth offensichtlich.

Schon immer hatten die wenigen Flüsse und der See Genezareth eine völlig andere Bedeutung für die Machtverhältnisse der Region, als etwa Gewässer in Europa. 1919 hatte die Zionistische Verwaltung eine Grenzziehung für Palästina gefordert, welche sowohl den Litani im Norden, als auch den Zulauf des Yarmuks in den See Genezareth, sowie beide Seiten des Jordans bis vor Ammann einschloss. Die Wasser- und aus damaliger Sicht die Stromversorgung hingen unmittelbar von der Festlegung der Grenzen ab.

1953 versuchten die USA mit allen Beteiligten des Konfliktes, nämlich Ägypten, Jordanien, Syrien, dem Libanon und Israel ein Abkommen über die Nutzung des Jordans und seiner Zuflüsse zu erreichen. Vermittler war der international erfahrene frühere Präsident der Amerikanischen Handelskammer Eric Johnston (1896-1963). Er hatte eine lange und erfolgreiche Laufbahn als Militärattache, Unternehmer und Wirtschaftsrepräsentant hinter sich. Seine internationalen Erfahrungen hatte er in verschiedenen Missionen in Russland, China und Südamerika als Gesandter der Präsidenten Roosevelt und Truman gewonnen. Nun beauftragte ihn Präsident Eisenhower im Rang eines Botschafters die Frage der Wassernutzung in Israel zu klären.

Die Verhandlungen boten eine einmalige Chance eines der dringendsten Probleme des Konfliktes zu lösen. Nach dem Fiasko von 1948 war es eine Gelegenheit für Syrien und Jordanien, welche letztlich dieselben Wasserprobleme wie Israel hatten als politischer Faktor Gewicht zurück zu erlangen und rein praktisch die natürlichen Wasservorkommen nutzen zu können. Tatsächlich verliefen die Verhandlungen auf der Fachebene zwischen den Juristen und Ingenieuren beider Seiten sehr viel versprechend. Ägypten spielte eine überraschend positive und vermittelnde Rolle und empfahl insbesondere Syrien und Jordanien das Abkommen erfolgreich abzuschließen. Das eigentliche Interesse der Ägypter war auf den geplanten Assuan Staudamm gerichtet, für dessen Bau sich Ägyptens Premierminister Nasser erhebliche Amerikanische finanzielle Unterstützung erhoffte.

Nach zwei Jahren intensiver Verhandlungen wurde ein „Jordan Valley Development Plan“ auf Fachebene verabschiedet. Den größten Vorteil daraus hatte Jordanien. Es sollte Wasser für mehrere landwirtschaftliche Bewässerungsprojekte erhalten, die ohne das Abkommen nicht durchgeführt werden konnten.

Israel hatte von 1948 bis 1955 seine landwirtschaftlich kultivierte Fläche mehr als verdoppelt und jenen Anteil darin, der mit modernen Bewässerungsmethoden bearbeitet wurde sogar vervierfacht. Der nächste wichtige Schritt war die Aufforstung großer Flächen. All dies wurde ohne das Wasser des Jordans erreicht, so dass das Abkommen eine wesentliche Förderung der weiteren Entwicklung gewesen wäre.

Am 18. August 1955 war das Abkommen gescheitert. Führer der Arabischen Bevölkerung in den fünfziger Jahren war noch immer jener Großmufti Mohammed al-Husseini (1893-1974), der sich schon Hitler angebiedert und Arabische freiwillige für die Waffen SS gesucht hatte.

Er war der Vorsitzende des Arab Higher Committee for Palestine in dessen Namen er gegenüber den Arabischen Führern die Ablehnung des Abkommens verlangte. Palästinensische Politiker betrachteten das Abkommen als Konzession an den Jüdischen Staat. Dass der gefundene Kompromiss aber größere technische Möglichkeiten für die Arabische Seite bot, wurde ignoriert.

In Analogie zu dem abgelehnten Teilungsbeschluss der UNO, was nur acht Jahre zurücklag, lehnte man wieder den eigenen Vorteil ab, nur um den geringeren Nutzen, den Israel ziehen würde ganz zu verhindern.

Al-Husseini zitierte David Ben-Gurion, (1886-1973) der vor der Knesset gesagt haben soll, dass der Kampf zwischen Israel und den Arabern ein Krieg um Wasser wäre und das Ergebnis dieser Schlacht über die weitere Existenz des Staates entscheiden würde. Daraus schloss al-Husseini offensichtlich, dass es schon ausreichen würde das Wasserabkommen zu verhindern, um den Staat Israel zum Einstürzen zu bringen.

Man lehnte nicht nur den vorliegenden Vertragsentwurfes, sondern jedwede Zusammenarbeit ab. Mit dem Schreiben legte al-Husseini einen eigenen Plan für die Wassernutzung vor, bei dem mit den Zionisten und Imperialisten, wie er Israel nannte, nicht kooperiert werden musste. Der nächste Konflikt stand vor der Tür.

Anlässlich ihres ersten Gipfeltreffens, beschloss die Arabische Liga im Januar 1964 den oberen Jordan, also den Zulauf zum See Genezareth und alle Nebenflüsse und Quellen umzuleiten. Diese Maßnahme war dazu geeignet, die Inbetriebnahme des National Water Carriers der Israelis und mithin die Wasserversorgung des Landes zu unterbinden. Der Technische Aufwand war erheblich. Die Hasbaya Quellen und die Regenfälle aus dem Wadi Shaba sollten über einen Tunnel dem Litani zugeführt , der untere Hasbani über einen Kanal in den Banias in Syrien geleitet werden. Die Wazan Quellen sollten ebenfalls über einen Kanal in den Litani geleitet werden. Ein Nebenarm des Wazan sollte mittels einer Pumpstation in den Banias und der wiederum in den Yarmuk umgeleitet werden, wofür ein 73 km langer Kanal einschließlich zweier Tunnel von jeweils 4,5 km Länge notwendig waren. Dem Muhaiba Damm in Jordanien sollte das Jordan Wasser zugeleitet und für die Bewässerung verwandt werden. Schließlich wollte Syrien Wasser aus dem See Genezareth in das Beteiha Tal abpumpen. Unter Einbeziehung des Militärs und finanziert durch die Mitglieder der Arabischen Liga, wollten die Teilnehmer des Kairoer Gipfels das in jeder Hinsicht gewagte Vorhaben umsetzen.

Noch im Januar 1964 nahm Premierminister Levi Eschkol vor der Knesset Stellung zu dem Plan. Er erinnerte an die aussichtsreichen Verhandlungen, die Botschafter Johnston geleitet hatte und daran, dass es die Aabischen Führer waren, die neun Jahre zuvor die einvernehmliche Nutzung des Jordan-Yarmuk Wassersystems abgelehnt hatten. Die Inbetriebnahme des National Water Carriers stand bevor und Eschkol verkündete, dass Israel entsprechend dem Johnston Abkommen Wasser aus dem See Genezareth entnehmen würde.

Die Israelische Luftwaffe beendet schließlich die Arbeiten der Arabischen Seite.

Während des sechs Tage Krieges eroberte Israel die Golan Höhen und bekam damit die vollständige Kontrolle über den See Genezareth und die Quellen des Golans.

Es ist erstaunlich, wie eine Konfliktpartei, in diesem Fall die Arabischen Nachbarländer Israels, über Jahrzehnte das exakte Gegenteil von dem erreicht, was sie vorher als Ziel definiert hat.

---------------------------------------------------------------

Nach den Kriegen von 1967 und 1973 verschlechterte sich der politische Handlungsspielraum der Palästinenser erheblich. Ihre verbündeten Arabischen Nachbarn hatten seit 1948 drei offene Landkriege verloren, die Militärische Eroberung Israels schien bis auf weiters unmöglich und eine Kompromisslösung über Verhandlungen waren aus Sicht der Palästinenser indiskutabel. Der Ost-West Konflikt bot die Möglichkeit unter Zuhilfenahme der Sowjetunion und ihrer Verbündeten den Terrorismus, dessen Methoden man schon immer gepflegt hatte zu intensivieren. Der Friedenvertrag zwischen Ägypten und Israel 1979 war aus Sicht der Palästinenser ein herber Rückschlag, da der bis dahin stärkste verbündete entfallen war.

Die Eroberung des Westjordanlandes im Sechstagekrieg brachte neben dem militärischen und politischen Fiasko für die Arabische und insbesondere die Palästinensische Seite einen weiteren Nachteil mit sich. Die einsetzende Besiedlung von Judäa und Samaria, wie Israelische Siedler die Westbank nennen und Zusammendrängung der Arabischen Bewohner. Dasselbe passierte im Gaza Streifen.

Da die Palästinenser über Jahrzehnte jeden Kompromiss abgelehnt hatten und im Gegenteil nach allen bitteren Niederlagen in den siebziger Jahren einen intensiven Terrorismus gegen Israelische, aber auch andere Zivilisten führten, war es unter Berücksichtigung der ursprünglichen Rechtslage zu Beginn der Mandatszeit kein großer Schritt, die Westbank zu besiedeln und selbstverständlich eine moderne Infrastruktur aufzubauen.

Da die Wasserversorgung von so hoher Strategischer Bedeutung war und ist, unterliegt die Wasserwirtschaft dem dort herrschenden Besatzungsrecht.

Gerne wird Klage geführt, Arabische Gemeinden müssten das Bohren von Brunnen beantragen und würden unterversorgt. Selbst im Jemen, der eine mehr als anarchistische Verwaltung hat, entscheidet die staatliche Wasserbehörde über die Nutzung von Grundwasser.

Neben den Oberflächenwässern im Norden Israels, verfügt das Land über drei Grundwasserbecken, die über Regenwasser ergänzt werden. Eines davon ist der so genannte Mountain Aquifer des Westjordanlandes, der sich wiederum in drei Becken teilt, nämlich West, Nordwest und Ost. Komplizierter wird die Situation dadurch, dass der größte Teil des Mountain Aqufers außerhalb der Westbank in Israelischem Kernland in mehreren Quellen Zutage tritt.

Der Vorwurf, der nun gegen Israel erhoben wird bezieht sich auf den Umstand, dass ca. achtzig Prozent des Mountan Aquifer von Israelischen Siedlern, bzw. über die Brunnen im Israelischen Kernland genutzt werden.

Dieser Vorwurf ist so naiv wie beschränkt. Natürlich war und ist Wasser ein strategischer Faktor und eine Gruppierung wie die Palästinenser, deren politische Führer bis 1993 nur ein Ziel kannten, nämlich die Auslöschung ihres Gegners unter Inkaufnahme des eigenen Niedergangs, sind verantwortlich für diese Situation.

---------------------------------------------------------------

Im Zuge der Osloer Verhandlungen wurde im Februar 1996 eine „Declaration on Principles for Cooperation on Water-Related Matters and New and Additional Water Resources“ verabschiedet und eine gemeinsame Arbeitsgruppe, die sich mit Fragen zur Wasserversorgung beschäftigen sollte eingesetzt. Selbstverständlich konnte diese Gruppe nur soviel erreichen, wie es die politische Situation zuließ. 2002 wurde eine gemeinsame Water Resource Working Group mit der Durchführung mehr oder weniger wichtigen Aufgaben betraut. Das Arbeitsprinzip dieser Phase der Zusammenarbeit war es anhand des kleinsten gemeinsamen Nenners zu agieren. Was dabei herauskam kann man sich vorstellen. Jedenfalls kein neues Wasserwerk.

Die Aufgaben erschöpften sich darin, allgemeine Daten über Wasservorkommen zur Verfügung zu stellen und praktische Maßnahme zum Wassermanagement zu besprechen, bzw. durchzuführen.

Ein positives Ergebnis dieser Phase ist die Gründung des Middle East Desalination Research Center, das seinen Sitz zwar nicht etwa in Jordanien, sondern im Oman hat, sich aber inzwischen als Forschungs- und Ausbildungseinrichtung im Bereich der Entsalzungstechnik etablieren konnte.

Im Vorstand sitzt auch ein Vertreter Israels und vielleicht kann dieses Institut einmal unter günstigeren politischen Bedingungen eine größere praktische Rolle spielen, wie das heute der Fall ist.

Da in den neunziger Jahren, in der Spätphase Arafat, kaum eine Woche ohne Selbstmordattentat verging, war die allgemeine politische Stimmung nicht geeignet, eine wesentliche Verbesserung der Wasserversorgung für die Palästinenser zu erreichen.

Denn darum ging es inzwischen im Wesentlichen.

In Israel hatte sich seit 1965 eine international erfolgreiche Industrie entwickelt, die sowohl im Anlagenbau als auch im Bereich der Zulieferer zu den führenden Unternehmen für Meerwasserentsalzung zählt. Im Oktober 2006 wurde die weltgrößte Meerwasserentsalzungsanlage auf Basis der Membrantechnik in Ashkelon in Betrieb genommen. Sie produziert 5-6% des gesamten Israelischen Wasserbedarfs. Weitere Projekte werden derzeit ausgeführt.

Auch im Gazastreifen sollten Ende der neunziger Jahre drei Meerwasserentsalzungsanlagen mit Spendenmitteln finanziert werden.

Im Zuge des Osloer Abkommens wurde die Palestenian Water Authoroty als zentrale Wasserbehörde und Unterorganisation der Autonomie Behörde gegründet.

Zur Ausführung kamen diese Anlagen nie. Die zunehmende Radikalisierung der Palästinenser lies die Durchführung von Infrastrukturprojekten kaum zu. Da wo es gelang, wie beim Flughafen von Gaza, führten die Kriegshandlungen zu dessen Zerstörung.

---------------------------------------------------

Es gibt eine Fülle von Gutachten, Konzepten und Ratschlägen erstellt von allen möglichen Fachleuten, Universitäten, der Weltbank und quer durch alle politischen Lager zur Wasserversorgung der verbliebenen Palästinensischen Gebiete. In der Regel sind es wohlmeinende vernünftig klingende Vorschläge, welche eine umfassende Lösung für die Wasserversorgung beinhalten, sich aber unter den gegebenen Bedingungen nicht durchführen lassen. Mehr als eine dezentrale temporäre Wasserversorgung insbesondere für den Gazastreifen ist unrealistisch.

Kurzfristig gibt es zwei Lösungen. Die eine ist, den Gazastreifen an die Ägyptische Trinkwasserpipieline anzuschließen, die im nördlichen Sinai entlang des Mittelmeeres verläuft, oder containerisierte Meerwasserentsalzungsanlagen im Gazastreifen aufzustellen und das Trinkwasser mittels Kanister zu verteilen, bzw. dort einzuspeisen, wo es möglich ist. Der lokale Aufwand wäre verglichen mit dem Bau eines eigenen Wasserwerkes minimal und ließe sich in wenigen Wochen durchführen.

Wie auch immer die zukünftige Wasserversorgung der Palästinenser aussieht. Es ist ihre eigene Aufgabe ein politisches Klima zu schaffen, das den Aufbau einer technischen Infrastruktur zulässt.

Die Lösung heißt Eigenverantwortung!

T. - Juli 2007


E-Mail an Neptuns World